In einem der ersten Abschnitte seiner "Spuren" läßt Ernst
Bloch den "Rausch" des Wartens im Falle der Enttäuschung in einen
"Kater eigener Art" übergehen. Bloch schließt den Abschnitt
mit der Empfehlung: "Gegen das Warten hilft das Hoffen, an dem man nicht
nur zu trinken, sondern auch etwas zu kochen hat." Beckett hat in seinem
Stück gezeigt, wie solches Hoffen aussieht: |
Vladimir: "Also? Wir gehen?"
Estragon: "Gehen wir!"
Sie gehen nicht von der Stelle. |
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Der falsche Villari kann nach der Annahme des unbemerkten Todes des
echten Villari nicht mehr fragen: Wann erscheint die Todesanzeige (bzw.:
Wann findet er mich?), er kann also nicht mehr auf das Eintreten eines
Erwarteten hoffen, sondern ist genötigt, sich zu fragen: Wie sollte
ich hoffen können, wenn ich noch nichteinmal weiß, ob ich noch
warte? Es ist keine Enttäuschung des Wartens, sondern eine
Erschütterung. - Bei Beckett kommt den Protagonisten im-merhin
noch Tag für Tag durch den Jungen die Vertröstung auf morgen
- überhaupt: wie gut haben es doch Vladimir und Estragon mit ihrem
clochardesken Gemüt, mit ihren Reflexionen, ihren Sorgen ob der passenden
Schuhe und dem Gestern und Heute, mit ihren Bemühungen, sich die Zeit
zu vertreiben und vor allem: mit ihrem Godot, auf dessen Ankunft sie -
Subjekt, Prädikat und Kopula - hoffen! - Der falsche Villari jedenfalls
muß, um noch hoffen zu können, hoffen, daß sein Todfeind
noch lebt, er muß also das Gegenteil von dem hoffen, was er hofft,
damit er weiterhin noch hoffen kann. - Mit dem Hoffen also hat sich der
Wartende - um bei Blochs Metapher zu bleiben - ein schönes Süppchen
eingebrockt.
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