Es wird kolportiert, Beckett habe nach dem Beifall bei der Premiere von
"En attendant Godot" zu Sartre gesagt: "Mein Gott, man muß sich getäuscht
haben." Was immer den Autor zu dieser Einschätzung veranlaßt
haben mag, sicher ist es eine Täuschung, das Absurde in dem Stück
als die Darstellung des Ausnahmezustands zu verstehen. "Absurdität
ist ihm" - so Adorno in seinem "Versuch, das Endspiel zu verstehen", über
Beckett - "keine zur Idee verdünnte und dann bebilderte Befindlichkeit
des Daseins mehr." Man sollte die Dialoge von Gogo und Didi als das einordnen,
was gemeinhin Alltag genannt wird. "En attendant Godot" ist keine existentielle
Metapher, sondern eine Beschreibung, man denke dabei etwa an den Schluß
von "Fargo" der Gebrüder Coen: "Ich finde, wir haben uns gut gehalten.";
ein Satz, der Estragons Erkenntnis entspricht: "Wir schlagen uns doch ganz
gut durch, nicht war, Didi, wir zwei?" - Das sich gut Halten, das sich
gut Durschschlagen - der Alltag hat sich das Verdikt, absurd zu sein, einverleibt,
Absurdität wird im Theater beklatscht, dabei ist unter der Hand aus
der Absurdität des Alltags die alltägliche (als sinnvoll erlebte)
Absurdität geworden. "Die logische Figur des Absurden," so Adorno
weiter, "die den kontradiktorischen Gegensatz des Stringenten als stringent
vorträgt, verneint jeglichen Sinnzusammenhang, wie ihn die Logik zu
gewähren scheint, um diese der eigenen Absurdität zu überführen:
daß sie mit Subjekt, Prädikat und Kopula das Nichtidentische
so zurichtet, als ob es identisch wäre, in den Formen aufginge. Nicht
als Weltanschauung löst das Absurde die rationale ab; jene kommt in
diesem zu sich selbst." - Mit der Annahme, der Todfeind sei unbemerkt gestorben
und ergo das Warten absurd, erfährt der Ausnahmezustand als Alltag
des falschen Villari die basale Erschütterung, die sich sowohl auf
sein Eingerichtetsein im Patio als auch (wie sich in der Folge zeigt) auf
sein Verhältnis zu Traum und Kunst auswirkt.
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