I II III Digression IV Literatur

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IV

Der falsche Villari beginnt schließlich mit der Lektüre der Devina Commedia; "aus einer Art Pflichtgefühl" heraus, wahrscheinlich aus dem gleichen Motiv, daß ihn auch ins Kino getrieben hat: gemäß seinem Imperativ, handle so, daß du vergessen wirst. Er liest Dante quasi in der Art, wie Argentino sich anschickt, die Erde in Verse zu fassen: "vor jedem Essen las er einen Gesang und danach in strenger Reihenfolge die Anmerkungen." Bei der Dante-Lektüre nun geschieht aber etwas, was im Kino nicht möglich war: "Die Höllenstrafen schienen ihm weder unwahrscheinlich noch übermäßig, und er glaubte nicht, daß Dante ihn zum letzten Höllenkreis verdammt hätte, wo Ugolinos Zähne ohne Ende den Nacken Ruggieris benagen." Der falsche Villari läßt "Kunst und Wirklichkeit zusammentreffen", was in der Traumfabrik nicht möglich war, eröffnet sich ihm in Dantes Albtraumfabrik Inferno. Er erkennt, daß er gleich den im Inferno auf ewig Verdammten "in seinem eigenen Um" steckt (Sloterdijk) und er zieht Parallelen zwischen sich und Villari (dem echten) und der Beziehung der beiden Politgangster der Renaissance. Was ihm bei dem allzu Offenbaren, dem Naheliegenden, in den Gangsterfilmen aus seinem Milieu nicht möglich war, gelingt ihm nun bei dem Studium dieses - ihm doch eher spröden und der Kommentare bedürftigen - Versepos aus dem 14. Jahrhundert.