I II III Digression IV Literatur

(4/5)

Es bedarf keiner weiteren Worte um zu belegen, daß sich die Erde auf diese Weise in einem Menschenleben nicht in Schrift fassen läßt. - Borges der Erzähler hat keine Schwierigkeit, das Scheitern dieses Schreibens zu beschreiben: er beginnt einfach mit der Aufzählung aller Dinge, die es gibt. Der fiktive Borges der Erzählung (der Ich-Erzähler) sieht sich jedoch, nachdem er das Aleph und das, was es zeigt, gesehen hat, in großer Not, das Gesehene - ohne dabei auf ein "Bild", eine Metapher zurückzugreifen - zu beschreiben: "Überdies ist das Kernproblem unlösbar: die Aufzählung, wenn auch nur die teilweise, eines unendlichen Ganzen." - die Hybris eines solchen Versuchs hat er an Carlos Argentino vorgeführt - "Was meine Augen sahen, war simultan: was ich beschreiben werde, ist sukzessiv, weil die Sprache es ist. Etwas davon will ich gleichwohl festhalten." Pablo J. Brescia bezeichnet in seinem Essay Josef von Sternberg und Borges dieses "Etwas" als "das Zeigen einer Reihe scheinbar inkohärenter Bilder, die im Leser den Eindruck erwecken, er sehe alles zur gleichen Zeit." - Nur nebenbei: von der Inkohärenz Borges´scher Aufzählungen war ja bekanntlich Michel Foucault derart fasziniert, daß sie ihn nach eigenem Bekunden zur Arbeit an "Les mots et les choses" veranlaßt haben. Es ist ein Charakteristikum der Erzählungen Borges´, das, was ihre "Magie" ausmacht, daß in ihnen etwas extrem genommen wird, beim Wort, wie man so sagt, dabei müßte es hier aber heißen: als Ding, daß eine Idee, eine Theorie oder ein Dogma - eigentlich versehen mit dem Hinweis: Achtung: Nur für den geistigen Gebrauch bestimmt! - konsequent in aller Paradoxie zuende gedacht und materialisiert wird, für das normale, kategorisierende Verständnis, für die Logik mit "mit Subjekt, Prädikat und Kopula" werden Metaphern zu wörtlich genommen, das Nichtidentische wird nicht "zugerichtet", auch nicht als Differenz markiert, sondern aufgezählt.