Es bedarf keiner weiteren Worte um zu belegen, daß sich die Erde
auf diese Weise in einem Menschenleben nicht in Schrift fassen läßt.
- Borges der Erzähler hat keine Schwierigkeit, das Scheitern dieses
Schreibens zu beschreiben: er beginnt einfach mit der Aufzählung aller
Dinge, die es gibt. Der fiktive Borges der Erzählung (der Ich-Erzähler)
sieht sich jedoch, nachdem er das Aleph und das, was es zeigt, gesehen
hat, in großer Not, das Gesehene - ohne dabei auf ein "Bild", eine
Metapher zurückzugreifen - zu beschreiben: "Überdies ist das
Kernproblem unlösbar: die Aufzählung, wenn auch nur die teilweise,
eines unendlichen Ganzen." - die Hybris eines solchen Versuchs hat er an
Carlos Argentino vorgeführt - "Was meine Augen sahen, war simultan:
was ich beschreiben werde, ist sukzessiv, weil die Sprache es ist. Etwas
davon will ich gleichwohl festhalten." Pablo J. Brescia bezeichnet in seinem
Essay Josef von Sternberg und Borges dieses "Etwas" als "das Zeigen
einer Reihe scheinbar inkohärenter Bilder, die im Leser den Eindruck
erwecken, er sehe alles zur gleichen Zeit." - Nur nebenbei: von der Inkohärenz
Borges´scher Aufzählungen war ja bekanntlich Michel Foucault
derart fasziniert, daß sie ihn nach eigenem Bekunden zur Arbeit an
"Les mots et les choses" veranlaßt haben. Es ist ein Charakteristikum
der Erzählungen Borges´, das, was ihre "Magie" ausmacht, daß
in ihnen etwas extrem genommen wird, beim Wort, wie man so sagt, dabei
müßte es hier aber heißen: als Ding, daß eine Idee,
eine Theorie oder ein Dogma - eigentlich versehen mit dem Hinweis: Achtung:
Nur für den geistigen Gebrauch bestimmt! - konsequent in aller
Paradoxie zuende gedacht und materialisiert wird, für das normale,
kategorisierende Verständnis, für die Logik mit "mit Subjekt,
Prädikat und Kopula" werden Metaphern zu wörtlich genommen, das
Nichtidentische wird nicht "zugerichtet", auch nicht als Differenz markiert,
sondern aufgezählt.
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