Folgendes Gedankenspiel: es würde
ein Markt - wie der im Literaturbetrieb etablierte - für Netzkunst
entdeckt und ein Betrieb, der analog dem der Printmedien funktionierte,
regulierte mit diversen Praktiken die Aufmerksamkeit; d.h.: er selektierte
die Produzenten am Zugang zu den Fleischtöpfen: bei den Printmedien
steht man bei einer Ablehnung außen vor oder finanziert sein Buch
selbst - dem hängt aber immer ein wenig der Ruch des Dilettantismus
an; im Internet dagegen könnte sich der vom Betrieb Ausgeschlossene
sagen: "Jetzt erst recht!", und seine Seite außerhalb des Betriebes
ins Netz stellen, jemand, der von außen (etwa zufällig per Suchmaschine)
darauf zugreifen würde, könnte zunächst keinen Unterschied
zwischen einem unabhängigen und einem durch den Betrieb abgesegneten
Beitrag sehen; der Betrieb hätte im Netz nicht die Macht, die er in
den Printmedien hat, die Grenzen sind durchlässig, die Möglichkeiten
der Exklusion sind nicht in dem Maße gegeben, es sei denn, es bildeten
sich exklusive Netze aus.
Die Deregulierung im Internet, die auf
der einen Seite die Aufmerksamkeit der Rezipienten auf einen Text unwahrscheinlich
macht, gibt auf der anderen Seite dem Text die Chance, überhaupt wahrgenommen
zu werden.
Es ist wie mit der Demokratie: man frage
sich einmal selber, welches Gewicht man seiner Stimme in einer demokratischen
Entscheidung gibt; dennoch muß es bei Entscheidungen demokratisch
zugehen, denn viele Stimmen ohne Gewicht sind allemal besser als ein gewichtiger
Bestimmer.
In dem Sinne entspricht das Internet nicht
(nur) dem Buch oder sonst einem Medium, sondern der Gesellschaft. |