Desillusion
als Jahrhundertbilanz?
Lem: Die Leute glauben,
dass es besser wird. Aber die Unbarmherzigkeit, die Grausamkeit der Zeit
vergrößert sich. Ich sehe jetzt weit weniger fern als früher.
Es ist eintönig, und es wird immer geschossen. Man weiß nicht,
ist das Attentat echt oder gespielt. Die ruhigste Landschaft befindet sich
in der Werbung. Da kommt ein Mädel, isst ein bisschen Reis oder Makkaroni
und hat sofort einen Orgasmus aus purer Freude, weil es so gut geschmeckt
hat. Mein Sekretär hat mir geraten, kaufen Sie sich einen Digitalumformer,
dann werden Sie nicht zwanzig, sondern achtzig Programme haben. Was soll
ich damit?
In Ihren Romanen
wimmelt es von Zukunftstechnologien. Steht Ihre heutige Kritik dazu nicht
im Widerspruch?
Lem: Ich sehe keinen Widerspruch.
Ich habe immer das geschrieben, was mich interessierte, belletristisch
und in meinen Sachbüchern. In den letzten Jahren habe ich schon zwei
Bücher über die Probleme des Internet geschrieben.
Das Sie sehr
kritisch beurteilen und als "Infoterrorismus" bezeichnen. Ist das nicht
ein wenig paranoid?
Lem: Es gibt diesen Terrorismus.
Die Terroristen benutzen die technologischen Werkzeuge, die vorhanden sind.
So ist der Mensch geschaffen, mit dem Bösen in seinem Innern. Man
redet von einem zukünftigen Krieg als von einem Informationskrieg.