Die
folgenden Tage, für seine Mutter die bislang härtesten im Laufe
ihrer Krankheit, erlebte der Junge insgeheim beruhigt durch diese
zerbrechliche Hoffnung, die das übel, ohne es zu verringern, mit
einer Schönheit wie von Wolkenmeeren verklärte, weil sie in jeder
Minute die Kraft des Schicksals mit seinen gespannten Bogen zum
Erzittern brachte. Vielleicht war es nicht möglich, der Traurigkeit
das Thema zu nehmen, ihr das Opfer zu entreißen, ihrem nach unschuldiger
Bitternis gierenden Schlund zu entschlüpfen und verkleidet in
ein unbekanntes Land zu flüchten, ganz weit weg, es war aber allemal
besser als sich einfach nur hinzusetzen und hier auf sie zu warten,
mit verschränkten Armen, in dem windschiefen Dorf, der Hauptstadt
des Lebensekels, mit seinem unerträglichen Geruch nach Zeit im
Sonderangebot, nach längst verkauftem Fisch, nach Staub und Asche,
zu der wir alle werden. Dort wenigstens, jenseits des Schmerzes,
den man mitschleifen musste wie einen dunklen Hund, würde er einen
Blick erhaschen auf das, was man
nennen könnte, und vor seinem geistigen Auge würde er die Zukunft
von nun an nicht mehr als einen großen, ruhenden Betonblock sehen,
kolossal und eisig. Im Sommer würde er im T-Shirt und mit Sonnenbrille
ins Dorf zurückkehren und die Jungs in der Bar fragen, ob alles
noch beim Alten sei, ob sie das vielleicht Leben nennen würden,
ob sie nicht ein für alle Mal genug hätten vom samstäglichen Bus
in die Provinzhauptstadt, davon, jedes Wochenende den gleichen
zwei prüden Schnallen hinterherzurennen, oder vom klammen Jugendheim
mit seinem Butangasofen und seinen abgelaufenen Bierkästen, und
von den verwaschenen Plakaten, die Konzerte ankündigten, von denen
keiner sagen konnte, er sei dabei gewesen. Er würde sie fragen,
ob sie das allen Ernstes ertragen wollten, und würde dann wie
einer der es eigentlich gar nicht wissen will, nach Susana fragen
um herauszufinden, ob sie denn nun glücklich war, jetzt, da er
fort war, und wohin sich all der Dunst verzogen hatte, ihre Prinzessinnenaura,
die parfümierten Träume, in denen er nicht vorgekommen war. Bestimmt
bereut sie jetzt, wo es zu spät ist, und schreibt seinen Namen
in versteckte Schulhefte. |
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