Dennoch sind sie sich nicht gleich - ein Medium ist gefährdeter
durch Ausverkauf, Korruption, Tausch, eins ist resistenter. Die Beliebigkeit
beim körperlichen Tausch von Berührungen und Gesten ist individuell,
sozial. Die Beliebigkeit beim Einsatz und Ersatz der Worte ist universell,
kosmisch. Ein - zufällig literarisches - Beispiel. In einem Buch von
Wilhelm Genazino wird die körperliche Intimität eines Ehepaares
geschildert: In den Anfängen entwickelt sich innerhalb der Privatsprache
des Paares ein Wort für das Geschlecht der Frau, ein Wort als direkte
Repräsentation in dem winzigen Kosmos von zweien: "Schwälbchen".
Im Verlauf der Ehezeit, das Wort "Schwälbchen" ist längst untergegangen,
vergessen oder vermieden, schläft er mit einer anderen Frau. Ein Betrug,
normalschrecklich, individuell, ein Vorgang, der beide, Mann und Frau,
in den sozialen Kontext des Betrügens und Betrogenwerdens, in einen
Vergleichs-, Verheimlichungs-, Schuldzusammenhang stellt: Austauschbarkeit
des vermeintlich und tatsächlich unwiederholbaren körperlichen
Ausdrucks. Hätte der Autor eine Szene erfunden, in der der Mann gegenüber
der zweiten Frau das Wort "Schwälbchen" verwendet, so wäre der
geschilderte kein normalschrecklicher, sondern ein ungeheuerlicher, ein
monströser Vorgang, die Tat eine Untat: kein Betrug, sondern Verrat
(in der herkömmlichen Bedeutung, nach der Betrug bloß Schädigung,
Verrat aber ans-Messer-Liefern ist). Das Wort ist privater als die sexuelle
Geste. Der Körper ist nicht direkt angetastet, wenn auch immerhin
durch den Tausch relativiert worden; die hermetische Privat-Sprache der
beiden wäre gewaltsam aufgeschlossen und aus ihrem Ursprungszusammenhang
mit dem einen körperlichen Erleben herausgebrochen, ausgesprochen
- das heißt angetastet worden: vergewaltigt. |
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