Der Einzelne in dem Nacht-Bild ist allerdings kein "ganzer Mensch"
mehr. Er ist ein Autist, ein Isolierter, er ist "privat" im ursprünglichen
Sinn von beraubt und eigen im ursprünglichen Sinn von
"Idiot". Er ist eben ohne Verständigung, eine Monade, ein Naturwesen,
ein Tier - annähernd. Im Gegensatz zum Einsamen ist der Gemeinsame
einer von vielen, ein "Pluralist", gleich, d.h. austauschbar, einer, der
sich allen verständlich macht, ein Tagmensch, ein Heutiger (die Nacht
hat kein Heute): ein geklonter universeller Niemand - annähernd. Die
Kunst ist die einzige Möglichkeit der Artikulation des monadischen
"Sprechens". "Nachts", im Schreiben: da artikuliert man Schweigen oder
Schreien.
Da die Kunst dem Unmitte(i)lbaren Worte gibt und es ins Verständliche
überführt, da sie Schweigen und Schreien zu Verstand bringt,
da sie das Nächtliche zutage fördert, riskiert sie viel. Sie
steht auf der Kippe. Lügen zu verkaufen ist normal, Wahrheiten zu
verkaufen ist widersinnig. Tag und Nacht können sich verkehren. Die
"hellen Momente" der Nacht werden an das öffentliche Licht gezerrt,
das nachts herrscht, in den Neonleisten der öffentlichen Häuser,
dem Gefunzel längs dem Strich, wo Lust und Schmerz gekauft und verkauft
werden, eine Stunde Fleisch für einen Blauen, das Unverwechselbare
für Jedermann. Worte für Kleingeld sind genauso öffentliches
Gut. Veröffentlichtes gehört allen. Jeder kann es kaufen, und
viel schlimmer: jeder kann es auf seine Weise verstehen, mißverstehen,
zitieren, gebrauchen, mißbrauchen, entstellen. Wörter können
auf den Strich gehen, vernutten: Das "weite Feld" und der Fall, der "in
Kürze dieser" ist. Und "Hans heißen sie alle" und "Am zwanzigsten
Jänner ging Lenz durchs Gebirg", und ... "Und es war, als solle ihn
die Scham überleben." |
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