Andere haben noch entschiedener statt des (veröffentlichten) Schreibens das Schweigen gewählt - Helmut Heißenbüttel, Wolfgang Koeppen - oder das Schreien, den Irrsinn - Hölderlin, Lenz. Sie haben jeder auf seine Weise das Paradox nicht ausgehalten, Worte zu machen, ohne Worte zu machen, zu schreiben, ohne ein Sterbenswort zu sagen. Der reine Rückzug ist konsequent. Aber sowenig die Literatur dem allgemeinen Sprachversagen Einhalt gebieten kann, so wenig kann es die selbstauferlegte Sprachversagung. "Es gilt weiterzuschreiben", hieß es in Bachmanns Frankfurter Poetikvorlesung. Ich stelle mir vor, sie hat einen dritten Weg gewählt. Sie lebt, als 70jährige, an Roms Peripherie unter einem anderen Namen, vergessen, vergraben, aber immer noch blondiert, immer noch Whisky und Tabletten stets in Reichweite, und beschreibt und zerreißt Papier. Sie sucht, hütet, vernichtet das Geheimnis, sucht weiter. Sie wird wiederentdeckt. Die Versuchung: Es klingelt an ihrer Wohnungstür. Nach 23 Jahren wieder eine Verführung zur Flucht: ein Versucher. Ein Interview. Sie räumt auf, kämmt die Haare, öffnet das Fenster. Metamorphosen. Der Vorgang: aufzustehen, "erleichtert für einen Moment lang", wie lang er auch dauern mag. Tantalus - oder Echo, die verliebte, vergeblich nachplappernde Nymphe, die zu Stein wird. Und dann, im nächsten Moment, wie spät er auch eintreten mag, die Erkenntnis, ein für allemal: "... man wünscht sich zurück auf die Galeere"... also Sisyphos - oder die andere Nymphe, Daphne, die den Verfolger panisch flieht und sich in einen Baum verwandelt, endlich stumm.