Ein Paradox, immer noch. Aber die Alternative, sich selbst das Wort zu verbieten, ist "noch paradoxer". Der Satz Kein Sterbenswort, ihr Worte markiert diesen Versuch in Bachmanns Schreibbiografie. Es ist die Schlußzeile des Gedichts Ihr Worte, das einen vorläufigen Schlußpunkt der Lyrik darstellt, durch die Ingeborg Bachmann berühmt wurde. Sterbenswörter, das ist hier "leeres Geroll von Silben"; "das Wort / wird doch nur / andre Worte nach sich ziehn ... Laßt, sag ich, laßt." Ein Einhalt dem Rollen des Signifikanten, dem "eins gibt das andere" beim Wortemachen, das in Wiederholungen mündet, dem Abschleifen, Zerreden, Zerschreiben. Und Keine Delikatessen, später geschrieben vor dem endgültigen Schweigen der Lyrikerin Bachmann und unter ihren letzten Gedichten 1968 veröffentlicht, ein Pamphlet der Sprachmoral, ein Trotzgedicht, höhnt das Schönschreiben, flicht Gewaltbilder wie einen Draht ins edle Metapherngewebe - "Soll ich / eine Metapher ausstaffieren / mit einer Mandelblüte? / die Syntax kreuzigen / auf einen Lichteffekt? ... Soll ich / einen Gedanken gefangennehmen, / abführen in eine erleuchtete Satzzelle? / Aug und Ohr verköstigen / mit Worthappen erster Güte?" Die Ankündigung, wenigstens was die Gedichte angeht, ins Schweigen zu verfallen, zeugt durchaus von hochmütigem Haß auf die, die weiter mit Worten klingeln: "Die andern wissen sich / weißgott / mit den Worten zu helfen. / Ich bin nicht mein Assistent." Papier wird eingerissen, "Angezetteltes" weggefegt, die Pronomen werden eins nach dem andern genannt und "vernichtet", und die dritte Person Plural, das Pronomen der Allgemeinheit, wird nicht einmal angefaßt, sondern am Ende vom Lied wegwerfend-abwehrend eingeklammert: "(Soll doch. Sollen die andern.) // Mein Teil, es soll verloren gehen."