"Ich bin mir selbst fremd, wenn ich nicht schreibe", formulierte Ingeborg
Bachmann ein Jahr vor ihrem Tod. Eine öffentliche, eine veröffentlichte
Bachmann - geht das überhaupt?
Der Einzelne wird zum Exemplar, wenn er sich nicht mehr von der Allgemeinheit
unterscheidet. Genauso verliert die Kunst ohne Differenz zur Gesellschaft
ihre Kraft, das Besondere - in Ingeborg Bachmanns Worten: das Erahnte oder
sogar: die Wahrheit.
Sie hat diese Spaltung gelebt und durchlebt - im Gegensatz zu den Schriftstellerfunktionären
und Schriftstellerjournalisten, die nur Oberfläche zutage fördern,
wenn sie ihr Inneres nach außen stülpen. Das Doppelleben ist
ihr Thema, nicht nur das der Romane. Es ist aber auch die treibende Kraft
ihres Lebens und Schreibens, ihr "Pfahl im Fleisch". Von ihren ersten Auftritten
bis zu ihren letzten zurückgezogenen, kranken Jahren verkörperte
sie die Kluft zwischen ihrer Galeerenarbeit als Schreibende und der Verführung
zur Öffentlichkeit. Wie verstand sie selbst dieses Paradox? Wie zeigt
es sich in ihrer Schreibweise selbst? Und ist diese Haltung heute, fast
25 Jahre nach ihrem Tod, veraltet?