"Sie können hier alles sagen - sagen Sie, was Sie
wollen, jetzt, an dieser Stelle" forderte einmal sinngemäß ein
Fernsehinterviewer Pasolini auf, und der antwortete, was immer er hier
sage, wahr könne es nicht sein. Die Artikulation im Fernsehverhör
ist immer unartikuliert, Teil eines Diskurses, der keine Sprache ist, sondern
häßliches Gestammel, Verstümmelung. Eine von vielen Machtstrategien,
verkörpert das Fernsehen im Sinn Foucaults "die Stimulierung der Körper,
die Intensivierung der Lüste, die Anreizung zum Diskurs, die Formierung
der Erkenntnisse, die Verstärkung der Kontrollen"; wie in der Beichte
und im Verhör liegt in der Talkshow "die Herrschaft nicht mehr bei
dem, der spricht, sondern bei dem, der lauscht und schweigt; nicht mehr
bei dem, der weiß und antwortet, sondern bei dem, der fragt und nicht
als Wissender gilt. Und schließlich erzielt dieser Wahrheitsdiskurs
seine Wirkung nicht bei dem, der ihn empfängt, sondern bei dem, dem
man ihn entreißt": dem Publikum und seinem Stellvertreter, der als
Freak vorgeführt, zur Aussage gezwungen und verspottet wird. Es herrscht
ein Konsens der Perversion, innerhalb dessen dem Einzelnen die Verfügung
über seinen Körper, sein besonderes Leben, seine Vorlieben und
Praktiken, seine Abweichungen und Eigenheiten genommen und in das globale
Wissen eingespeist werden, und dies, ohne daß er protestieren kann.
Er wird um das Eigene, Unverwechselbare beschnitten; seinen Ausdruck kassiert
die Macht, die als Öffentlichkeit auftritt. Sein Schweigen wird gebrochen,
und der Schrei wird dabei erstickt. Im Geständnis werden die Teilnehmer
des allgemeinen Geredes um die Sprache gebracht, ihre Sprache wird umgebracht.
In einem serbischen Lager in Bosnien wurde ein Gefangener gezwungen,
einem zweiten die Hoden abzubeißen; diesem wurde währenddessen
der Mund mit Schmieröl verstopft und mit Draht zugenäht. Die
Kastration : den Mund verbieten : die Sprache versagen. |
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