Das Besondere, das einmalig-Unwiederholbare, das Intime, das
Erahnte - solche Charakterisierungen assoziieren etwas von "Geheimnis",
wohlverstanden nicht irgendein numinoses, sondern ein legitimes - nicht
etwa verboten, nicht elitär, nicht notwendig unzugänglich, aber
eben doch legitim als Geheimnis. Etwas, das durch bloßes Ausplaudern
nicht nur nicht entschlüsselt werden kann, sondern weiter verschüttet
wird. Wie die Lust, der Schmerz. Jede sexuelle Begegnung ist ein gemeinsamer
Text; ich bespreche dich; ich schreibe meine Sätze auf deinen Körper;
nicht bloß, daß wir einander "antworten", wir fragen, kommentieren,
behaupten, insistieren, wir erfinden; und in den sexuellen Schmerzpraktiken
verliert diese Tatsache vollends ihren metaphorischen Charakter, wenn der
Körper die Fläche wird, auf der Zeichen eingeritzt, -geschnitten,
-gestanzt werden: Zeichen, die der Körper nicht vergessen kann, der
sonst so viel leichter vergißt als das mentale Gedächtnis, das
die verbalen Geheimnisse aufbewahrt. Sie aus ihrem Status als Geheimnisse
herauszureißen und der verallgemeinerten öffentlichen Artikulation
preiszugeben bedeutet, den harmlosen Exhibitionismus, diese separate, vielleicht
allerdings "perverseste" sexuelle Praxis, zur globalen gesellschaftlichen
Praxis organisierter Vertraulichkeit auszuweiten. |
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