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In der heutigen Philosophie untersucht man intensiv Phänomene der Kunst, einer Kunst, der in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wohl mehr Sinntragung zugemutet wird, als es der Naturwissenschaft widerfährt. In den Kunstwerken findet der Philosoph neben visuellem Spaß auch äußerste Müdigkeit und deshalb ein Langweiligwerden des in der bildenden Kunst sich entfaltet habenden Optikozentrismus. Wie sagte der amerikanische Philosoph Arthur C. Danto: "Für den Philosoph ist es eine emanzipierende Erfahrung, über die Kunst zu schreiben". Symptomatisch ist es dabei, daß die philosophische Reflexion ein einzelnes Kunstwerk behandelt, also nicht - wie es in der Aufklärungszeit üblich war - die Kunst überhaupt. Bemerkbarer Anfang dafür war die von Heidegger unternommene Analyse sowohl eines Bildes von van Gogh als auch der poetischen Zeilen von Hölderlin. Das, was traditionell als Sache der Kunstwissenschaft angenommen wurde, wurde also zum Gegenstand der Philosophie. Aber das Kunstwerk wird durch den Philosophen nicht in erster Linie bewertet und in eine bestimmte Tradition hineingestellt; sondern der Philosoph erfindet eine Sprache, mit der man über die gegenwärtige Kunst sprechen kann. Viele leitende Philosophen der Gegenwart erscheinen somit gleichzeitig als Gründer der diskursiven Erfahrungen von / der Kunst.