Thomas Hettche, zu Beginn des Unternehmens bereits als literarisches Schwergewicht bekannt, übernahm gemeinsam mit Jona Hensel das Lektorat, moderierte das Text- und Kunstgespräch und zuweilen auch die politischen Diskussionen zwischen den Autoren. Ihre Namen wurden auf dem Bildschirm als Sterne am Himmel präsentiert, die sich durch ihre Stellungnahmen untereinander zu Sternbildern verbinden ließen. So wurde das Bild vom Literaturstar, der sich in den unergründlichen Weiten des Cyberspace bewegt, noch einmal ironisch fixiert. Und der mit den Datennetzen evozierte allumfassende Zusammenhang fand sich zugleich geradezu kosmisch aufgeladen und - in ironischer Brechung - der Lächerlichkeit preisgegeben. Null war der zeitgemäße Ausdruck eines abgeklärten Umgangs mit den digitalen Utopien. "Ich stelle mir vor", schrieb Hettche in Animationen, einem Stück gedruckter Literatur, das auch als Ergebnis seiner Arbeit mit dem Internet verstanden werden muss - "ich stelle mir vor, wie die Literatur noch einmal mit derselben Geste, mit der sie einst - immun gegen das Verstummen - der tönenden Bilderwelt entgegentrat, für jedes Hologramm und jeden simulierten Raum ein Wort finden wird, das deren Geheimnis bannt." (25)

So klang sie am Ende der 90er, die Internet-Literatur, die durchaus auch im Buch stattfinden konnte. Nach dem Abschluß wird das Null-Projekt ebenfalls gedruckt und gebunden. Nachlesen kann man dort die, wenn man den literaturhistorisch so belasteten Begriff noch einmal auf will: Ankunftsliteratur. In und mit ihr ist dokumentiert, dass die Literatur einigermaßen unbeschadet in der Netzwelt angekommen ist, ohne sich aus der Gutenberg-Galaxis verabschiedet zu haben. Und zugleich ist sie Aufbruchsliteratur, weil sie daran erinnert, dass sie nicht mehr ist als ein Experiment, das seine Leser zu einer anderen Zeit in einem anderen Medium auch mit ganz anderen Ergebnissen überraschen könnte.


(25) Thomas Hettche: Animationen. Köln I999.