Windjammer
Ich bin nicht stiller. Wir sind beide nicht
lustig. Was auf dasselbe hinausläuft. Hier drinnen spielt das Vorabendprogramm.
Es heißt, wir sind anspruchsvoll für Vorabend. Was wir vorhaben,
läßt sich übertragen. Lebenslaufen. Anschreien. Zeugenwissen.
Leben zeugen, anlaufen, umschreiben. Ich sitze im Publikum und warte auf
den ersten Gast. Er ist Unternehmer, Untermieter und unbeliebt. Er wartet
die erste Frage nicht ab, blinkt und biegt sich vor. Alles ein Mißverständnis.
Er sei selbständig, Praktikant und unbeugsam, korrigiert er. Ich finde,
er hat einen wirklich hübschen Schirmständer. Steht einer Waschklinik
vor und bügelt seine Hemden selbst. Ein Kandidat aus dem Katalog.
Spricht Englisch wie ein Kommandant, unsinnig unterhaltsam. Wer ihn auswechselt,
hat sich was einfallen lassen. Das Skript kommt aus Landau, die Scheinwerfer
aus London. Der Laden operiert weltweit.
Ich bewerbe mich pausenlos, doch keine
Agentur will mich kaufen. Das genügt dem Modernisierer und erklärt
mich zur Nachfolge. Als die Lichter angehen, tastet man mich auf meine
Lebensdaten ab. Spürt meine Persönlichkeit auf. Fördert
Potential zutage, malt den Lidstrich nach. Zieht mich in die Länge
und peppt mich auf, nudelt mich durch.
Ein Blick auf den Monitor, - gewinnen Sie
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"Ich bin die Steffi aus Stuttgart, bin
25 Jahre alt und mache gerade ein Volontariat als Klofrau bei Karstadt.
Und ich nehme die Videoausrüstung, die Couchgarnitur, den Radiowecker
und die Kläranlage. Den Bügeltisch für den Kandidaten von
eben und den MegaDrive für meinen Neffen Kevin."
Mehr steht da nicht, aber ich habe meine
Sache gut gemacht. Den Lidstrich darf ich behalten, der Modeberater wird
abgeschaltet. Der Untermieter ist nach Hause gefahren, seinen Ständer
hat man eingezogen.
Ich schiele nach dem Autorenteam. Man plant
das erste Vollprogramm, ich fordere mehr Flexibilität für alle.
Weil das immer gut ankommt, nimmt man mich mit in die Kabine. Nach drei
Runden Linien lasse ich mich bereitwillig am Sendemast festbinden. Lieber
keine Aufnahmen mehr wagen. Ich bin so verdorben, keiner muß mich
abschleppen oder runterholen. Erbärmlicher Zustand nach der Liveübertreibung. |