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Es gibt eine Steigerung von tot. Man kann in den Behältern aus Oberfläche weder leben noch sterben. Im Sprachloswerden vor Bildern kündigt sich an, was aus dem "Innersten" einer mediatisierten Virtualität aufgetaucht ist: die absolute Antwortlosigkeit. Den blind gewordenen Spiegeln entspricht ein geblendetes Sehen. Auch ein schräg gestellter Spiegel kann daran nichts ändern. Der Triumph der Fläche über den Raum, der Bilder über die Körper zieht wie unter Zwang eine säkulare Niederlage des Sehens, Schreibens und Rechnens nach sich. Die Antwortlosigkeit der Welt, auch Tod Gottes genannt, geht zurück auf eine Perfektion des Bildermachens, das ein Körpertöten gewesen ist. Die vollkommene Sichtbarkeit des reinen Zeichens, geheimes Ziel aller Vorstellungen, Darstellungen, Ausstellungen ist tödlich. Die mythologische Vorschrift eines solchen Dramas ist der Narziß. Zuletzt ist der selbstbezügliche menschliche Geist unfähig zu trinken. Im Spiegel ist alles immateriell. Daran stirbt der homo significans erectus. Die zeichenmachende Imagination, nach Hegel das genuin Menschliche in seiner Willkür, kommt auf dem Gipfel ihrer Triumphe um. Sie knickt ab, wie die Eins vor der Null. So betrachtet, ist die aktuelle Bildermachen auf Leinwänden, Fotopapieren und Bildschirmen das Gegenteil der Aufklärung, nämlich die Abklärung, ein starker Motor des endgültigen Verschwindens. Kein Augenaufschlag der Dinge mehr, kein Rückblick. Dazu wäre ein Rest von Unsichtbarkeit erforderlich. Nur noch die Spuren der Menschen selbst. Im Spiegel hat die Konturlosigkeit, die Gesichtslosigkeit, die Antwortlosigkeit begonnen. Man hat zur Rettung des Unternehmens der Signifikation den Bildschirm erfunden. Der Bildschirm aber ist der kleinkarierte blinde Spiegel, der ein geblendetes Sehen provoziert und darüber schließlich die Demontage der menschlichen Willkür betreibt.