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Zu
NULL: Waehrend der Kosovo-Debatte habe ich keinen Moderator vermisst.
Wenn man unmoderiert und unmoderat aneinander vorbeiredet / schreibt
kann das ja auch einiges sichtbar machen - zum Beispiel eben, wie manche
Teilnehmer Politik und Poesie miteinander verwechseln. Am Netz gefaellt
mit gerade das Unmittelbare, die Moeglichkeit schnell und ungewaschen
zu reagieren, das Umgehen von Redaktionen mit ihren eingebauten Bremsen,
Bedenklichkeiten. Die Debatte in Deutschland, egal ueber was, neigt
ohnehin zu einer gewissen Wuerzlosigkeit und Witzlosigkeit - da ist
mir eine wueste Polemik allemal lieber.
Gruppenbildung scheint mir kein Netz-spezifisches Phaenomen zu sein,
sondern eher etwas mit Jugend zu tu zu haben: deshalb wird sie im Netz
sichtbarer, weil das ein Forum eher der juengeren und juengste Autoren
ist, die vor der neuen Technik keine Beruehrungsangst haben. Die Mitgleidschaft
bei der Hamburger Autorengruppe werft!, wie auch, als deutscher Gast,
bei der schweizer Gruppe NETZ war fuer meine eigene Entwicklung
als Autor ueberaus wichtig. Wenn man anfaengt, ist man doch unendlich
unsicher und sucht nach feedback, zumal von Angehoerigen der eigenen
Generation, die eine - zumindest soweit generationell gepraegt - aehnliche
Sprachempfindlichkeit mitbringen. Das was und ist fuer mich das Wichtigste
(mal abgesehen von den persoenlichen Freundschaften, die sich dabei
ergeben koennen): Der Schutzraum, in dem man eigene Versuche der oft
sehr harten aber zugleich sehr genauen, sehr nah an der Sache siedelnden
Kritik der Altersgenossen aussetzen kann, ohne damit gleich in groessere
Oeffentlichkeit zu muessen. Ich habe, aus der Kritik meiner eigenen
Texte, mehr noch vielleicht aus der kritischen Auseinandersetzung
mit den Texten der Anderen, unendlich viel ueber Sprache, Poetik, Literazitaet
etc. gelernt. Wichtig ist dabei allerdings, dass man nicht zu einem
Club zur wechselseitigen Bewunderung verkommt, sondern so hart wie nur
irgend moeglich diskutiert. Das setzt den Mut voraus, die Mitgliedschaft
bei solchen Gruppen aeusserst restriktiv zu handhaben, diese schwere
Arbeit nur in Gemeinschaft mit denen anzugehen, denen man ein echtes
Talent, nicht bloss ein bisschen Ehrgeiz oder eine gewisse formale Begabung
zutraut. Klar ist, dass diese Arbeit kaum ohne Verletzungen abgehen
kann; auch das gehoert zu den Dingen, die man in einer solchen Gruppe
besser lernt, als in der freien Wildbahn der professionellen Kritik:
Kritik, auch zuweilen ungerechte, produktiv anzunehmen oder produktiv
abzulehnen, jedenfalls nicht passiv und beleidigt zu erleiden.
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