Im
Jahr zuvor hatte bereits Ilija Trojanow auf den ZDF-Seiten einen
Roman verfasst, der später als Buch unter dem Titel Autopol
erschienen war. (16) Allerdings
stieß er damit auf weniger Resonanz als sein Nachfolger. Denn
kaum waren die Marietta-Seiten im Netz zu besichtigen,
klickten sich schon unzählige User heran, um an der Entstehung
des vierten Romanteils teilzunehmen. Und Politycki konnte sich
vor Einladungen zu Lesungen und Vorträgen kaum retten, bei denen
er erläutern sollte, wie es sich denn als Buchautor im Netz
so schreibt. Das Spektakuläre an Polityckis Projekt waren nicht
die Seiten, die im World Wide Web zu sehen waren. Graphisch
boten sie eher den bekannten Netzkitsch. Inhaltlich versuchte
man, nicht nur neueste Ergebnisse der literarischen Heimarbeit
Polityckis zu präsentieren, sondern die Leser unmittelbar ins
Geschehen einzubinden. Deshalb wurde ein "Parallelforum"
eingerichtet, in dem die Erzählstränge der Marietta-Geschichte
diskutiert und eigene Varianten vorgestellt werden konnten.
Hin und wieder speiste Politycki eigene Beiträge in die Diskussion
ein, zumeist aber beschränkte sich der Autor aufs vergnügliche
Mitlesen. Hinzu kamen kurze digitalisierte Filmsequenzen, in
denen Politycki interviewt wurde. Und in einem eigenen Bereich
stellte man, ebenfalls mit Filmchen, elf junge Frauen vor, die
sich darum bewarben, der fiktiven Marietta eine wirkliche Gestalt
zu geben. Wer als Gewinnerin aus dem Wettbewerb hervorgehen
würde, darüber sollte die Gemeinde der Online-Leser abstimmen.
(16)
Ilija Trojanow: Autopol. München 1997.
|